Achtsamkeit & Selbstmitgefühl
Achtsamkeit erhält in der Psychotherapie eine immer größere Bedeutung.
Sie wird im Rahmen
verschiedener Therapiemethoden hilfreich genutzt und zur Bewältigung und
Linderung von Stress, psychischen Beschwerden und Störungen, insbesondere bei
Ängsten, depressiven Verstimmungen, starker Grübelneigung oder negativen
Selbstgesprächen, eingesetzt.
Auch in meiner Arbeitsweise ist Achtsamkeit als therapeutisches Element
integriert.
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Achtsamkeit eine neue Struktur und neue positive Nervenbahnen im Gehirn herstellt. Ihre Wirksamkeit ist wissenschaftlich belegt.
Vieles in unserem Alltag
erledigen wir mechanisch. Auch die häufigsten unserer gedanklichen und
emotionalen Reaktionsweisen laufen automatisch ab.
Wir werden gelebt, anstatt bewusst zu er-leben. Und genau das führt
längerfristig zu psychischem Leid. Mit Achtsamkeit haben wir die Möglichkeit,
immer wieder innezuhalten und uns dieser Automatismen bewusst zu werden,
destruktive Gewohnheitsmuster des Denkens, Fühlens und Verhaltens klarer zu
erkennen und aus diesen Konditionierungen nach und nach herauszufinden.
Unter Achtsamkeit
versteht man eine bestimmte Art und Weise des Wahrnehmens bzw. eine innere
Haltung, bei der wir aufmerksam, gegenwärtig, nicht wertend und
freundlich sind.
Jedes Mal, wenn Sie diese achtsame Haltung einnehmen, entscheiden Sie sich auf
positive Weise für sich selbst und Ihr gesünderes Leben.
Wir können, wenn wir achtsam sind, sowohl unsere inneren Prozesse, Körperempfindungen, Gefühle und Gedanken präziser spüren und beobachten, als auch die äußere Umgebung umfassender und klarer wahrnehmen sowie unsere Tätigkeiten bewusster ausführen.
In der Therapie unterstütze ich Sie darin, eine achtsame Haltung zu entwickeln.
Sie lernen:Ihre Aufmerksamkeit zu lenken,
in dem Sie sich nur auf eine einzige Sache konzentrieren, z.B. die Atmung, den Körper, die Gedanken, die Gefühle oder die Sinneswahrnehmungen.
Hierdurch erhöht sich auch Ihre Präsenz, d.h. Ihre Fähigkeit, das, was im Hier und Jetzt vor sich geht, wahrzunehmen und unmittelbar zu erleben.
Durch die Stärkung der Aufmerksamkeitslenkung und Konzentration wird es zudem möglich, Gedanken und Gefühle bewusst wahrzunehmen, ohne sich gleich in sie hineinziehen oder von ihnen beeinflussen zu lassen. Wir können erleben, dass sie kommen und gehen und flüchtiger sind, als wir meinen. Wir erkennen auch, dass wir Gedanken und Gefühle haben und nicht sind.
Ihre Selbstbeobachtung zu stärken,
in dem Sie lernen, Ihre Gedanken und Gefühle sowie Ihr Verhalten in konkreten Situationen klarer wahrzunehmen, zu betrachten und zu benennen.
Diese Selbstwahrnehmungen und -beobachtungen können in Protokollen schriftlich festgehalten werden.
Nach und nach lernen Sie sich selbst immer besser kennen. Sie erkennen, was Sie "triggert" und bemerken öfter und früher, wenn Sie aus alten negativen Mustern heraus reagieren.
eine annehmende Haltung zu entwickeln.
Diese Fähigkeit ermöglicht es, bereit zu sein, sich auch für unangenehmes inneres Erleben zu öffnen und dieses ohne Widerstand sein-lassen zu können. Dieses "Ja, okay, so ist es gerade"" ist eine sehr ungewohnte innere Haltung, kann aber geübt werden.
Erst wenn wir Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle zulassen, und für den jeweiligen Moment akzeptieren, haben wir eine Möglichkeit damit umzugehen. Wir haben dann die Wahl, ob wir in alten gewohnheitsmäßigen Mustern weiter verweilen oder diese unterbrechen, uns selbst fürsorglich regulieren und belastende Gefühle und Gedanken loslassen.
Zu erfahren, dass wir unser inneres Erleben selbst steuern können, kann eine große Befreiung sein.
Achtsamkeit ist eine innere
Ressource, die es lohnt zu entwickeln, denn
- sie erhöht die Selbsthilfefähigkeit,
- führt nach und nach zu einer inneren Stabilität, die hilft im Alltag
gelassener da zu sein,
- und ist damit langfristig eine wichtige Grundlage psychischer
Widerstandskraft.
Dies sind wichtige Ziele in der
Therapie!
Wir nutzen in der
Therapie eine achtsame Haltung auch dafür, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das
Positive, Schöne und Angenehme lenken und mit Ihren Sinnen (wieder) besser
wahrnehmen, und damit die Fülle des Lebens bewusster spüren und genießen
können. Mit der Aufgabe "Ausschau halten nach Wohlfühlerlebnissen"
können Sie dies üben, in Ihren Alltag integrieren und Ihr Leben bewusst positiv
ausrichten.
Selbstmitgefühl
Ein wichtiger Bestandteil der Achtsamkeit ist Mitgefühl mit sich selbst und anderen.
Eine mitfühlende Haltung, vor allem auch sich selbst gegenüber, ist vielen Menschen nicht vertraut. Eher neigen wir dazu, bei persönlichen Schwierigkeiten uns zusätzlich noch zu kritisieren und abzuwerten. Dadurch wird das Leid noch verstärkt.
Mitfühlend mit sich selbst zu sein bedeutet, diesem Automatismus nicht zu folgen, sondern, innezuhalten und bewusst nachsichtig auf sich zu schauen, wenn etwas misslingt; wohlwollend und sanft zu sein, wenn wir Kummer und Leid erfahren.
Mitfühlend mit sich umzugehen bedeutet, belastende Gefühle anzuerkennen und sie mit einem offenen Herzen, freundlich zu betrachten. Statt uns zu verschließen, uns mutig zuzuwenden und uns um diese Gefühle bestmöglich zu kümmern.
Wenn wir Achtsamkeit und Selbstmitgefühl regelmäßig üben, kann sich mit der Zeit eine bewusste und wohlwollende Sichtweise auf uns selbst entwickeln, wir können liebevoller, fürsorglicher und eigenverantwortlicher mit uns umgehen, sanfter, gesünder und glücklicher sein.
Es würde völlig ausreichen, wenn ein Mensch, egal wie alt er ist und wie oft und wie
etwas liebevoller mit sich selbst umzugehen."
Gerald Hüther, Neurobiologe